Nachdem wir uns vor ungefähr zehn Jahren für die Aufgabe der Milchviehhaltung entschieden haben, wollten wir mehr Ruhe in unseren Alltag bringen. Füttern geht schneller als melken, keine Geburten am Hof mehr, insgesamt weniger Tiere. Die Idee war gut, keine Frage. Die Umsetzung war das Problem.
Wir sind ja eher umtriebig als ruhig und wenn wir zur Ruhe kommen, fängt immer irgendwas an, weh zu tun. Der Rücken, die Füße, eine ordentliche Erkältung kommt um die Ecke.
Damit dieses alles nicht zum Tragen kommen konnte, wurden dringend Ideen zur Verhinderung gesucht. Neben einem Dorfjubiläum und verschiedenen Renovierungsmaßmahmen am Hof fand ich die Idee eines Blumenfeldes sehr schön. 2018 starteten wir das Projekt auf unglaublichen 1200m². Ein bisschen Gemüse gesellte sich auch zu den Blumen und wurde zum heimlichen Star des Feldes. Im nächsten Jahr bauten wir auf 2000m² Schönes und Leckeres an, die Kundschaft freute sich und erntete fleißig. Wir freuten uns mit und verdoppelten zum Folgejahr die Anbaufläche.
Angekommen in 2020 erreichte auch uns im beschaulichen Haaren die Coronapandemie. Es wurde geerntet was das Zeug hält. Was folgerte daraus? Wir vergrößerten den Bauerngarten. Was anderes stand nicht zur Debatte. Wir träumten vom Hofladen und hatten Ideen ohne Ende in unseren Köpfen.
Zum Frühjahr 2021 stellten wir unsere Mitarbeiterin ein. Zusammen machte die Arbeit noch mehr Spaß und der Garten wuchs auf fast 12000m². Mit der Größe ereichten wir eine kaum noch zu stämmende Arbeitsbelastung. Alle wurden eingespannt im Bauerngarten: Familie, Freunde, Nachbarn.
Am Ende der Saison war klar, der Garten muss schrumpfen. 2022 starteten wir in unsere fünfte Saison. Endlich konnte man wieder in den Urlaub fahren (wir nicht, andere dagegen schon ;-)) und Kollegen in den Firmen treffen. Die Zeit wurde bei allen knapper als sie jemals vorher war. Die Einnahmen im Bauerngarten nahmen ab, bei uns nahm die Unzufriedenheit zu. Wir mussten effizienter werden, der Garten musste funktionieren.
Wir setzten nochmal alles daran, den Bauerngarten wieder auf Kurs zu bringen. Ungefähr 7500m² wurden mit viel Hingabe geplant und gepflegt.
Im Frühling trieben die Tulpen aus, bekamen einen Pilz und kamen so nicht in Ernte. Die Kundschaft kam seltener, dennoch tauchten immer wieder neue Kunden auf. Die Begeisterung war ansteckend und so gaben wir Vollgas. Irgendwann war unser "Sprit" leider alle und wir kamen ins Zweifeln. Das Tempo war so nicht zu halten. Wie sollte es weitergehen?
An einem Abend im Juli fehlte ein recht großer Betrag in der Kasse. Eine Gruppe Erwachsener hatte am Nachmittag fleißig Kartoffeln ausgebuddelt und geerntet. Zigarettenkippen zeichneten ihren Weg im Garten. An diesem Tag habe ich für uns als Familie beschlossen, dass der Bauerngarten nach der Saison geschlossen wird. Manchmal braucht es diesen einen Tropfen, der das Fass überlaufen lässt.
Unsere Mitarbeiterin hat einen neuen Job gefunden, wir bauen aktuell den Garten zum Selberernten zurück. Nach Monaten des Stillstandes und der Überlegungen haben sich ein paar schöne, andere Ideen ergeben.
Zum einen reduzieren wir unseren Rinderbestand, um insgesamt etwas mehr Ruhe zu bekommen. Zum anderen darf ich weiter meiner Leidenschaft, dem Garten, frönen. Wenn es hier zu ruhig werden würde, wäre es ja nicht kaum noch auszuhalten. Trotzdem werden wir mehr auf uns achten und uns mehr Auszeiten gönnen. Pünktlich Feierabend, Zeit für ein gemütliches Kaltgetränk im Sommer. Es könnte schön werden.
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