Blutegeltherapie & Homöopathie bei Rindern

Blutegel? Sind das nicht die glitschigen Dinger, die unser Omma ans Knie kricht wegen der Athrose?! So oder ähnlich kratzt sich jetzt der eine oder andere vermutlich am Kopf und fragt sich, ob ein Teil der Landbevölkerung keine anderen Hobbies hat, als mit den schwarzen Würmern im Kuhstall zu experimentieren. Ich habe durchaus auch andere Interessen, aber unsere Tiere, speziell die Rinder im Nutztierbereich, machen mir so viel Spaß, da vermischen sich Hobby und Arbeit schon mal. Seit ungefähr zwei Jahren bilde ich mich in unregelmäßigen Abständen weiter im Bereich Nutztierhomöopathie. Zusätzlich sind für mich auch andere Therapieansätze spannend, wie der Einsatz von Blutegeln oder Akkupunktur beim Nutztier. Aktuell habe ich gerade ein Seminar unter anderem über den Blutegeleinsatz besucht.  Blutegel können eine gute Hilfe bei Euterentzündungen, Blutergüssen und ähnlichem sein, bei einer Geburt kann man mit den Egeln weniger ausrichten, dafür findet hier die Homöopathie gute Möglichkeiten:

Jede Mutter unter uns kennt das Gefühl nach der Entbindung, wenn sich unten herum alles anfühlt wie ein aufgeblasenes Schlauchboot an Land: Dick, unbeweglich und es schmerzt unter Umständen höllisch. Dazu noch eine kleine Naht, weil der Damm gerissen ist, herrlich! Wenn man nun der Kuh zu Geburtsbeginn Aconitum geben würde zu Stressminimierung (ich setze voraus, dass die Kuh keinen Geburtsratgeber vorab gelesen hat und deswegen doch etwas besorgt ist, was gerade mit ihr passiert, Urinstinkt hin oder her), anschließend direkt nach der Geburt Arnica, um Schwellungen und Blutergüsse zu verhindern (wir denken an das Schlauchboot von oben) und dann evtl. noch an dem darauffolgenden Tag eine Gabe Bellis perennis, damit sich die Gebärmutter besser regeneriert. Zum Schluß könnte man am zweiten Tag nach der Geburt noch Sabina geben, dieses Mittel fördert die Reinigung der Gebärmutter und hilft dadurch, die ein oder andere Entzündung zu verhindern. Soweit ein kleines Beispiel. Homöopatie sowie andere Naturheilverfahren und die Veterinärmedizin schliessen sich nicht aus, sondern können sich sehr gut ergänzen.

Die Anwendung von Homöopathie in der Landwirtschaft ist in Deutschland leider sehr unzureichend geregelt. Laut unserem noch aktuellen Landwirtschaftsminister in Niedersachsen, Herren Christian Meyer von den Grünen, wird die homöopatische Behandlung von Nutztieren in Deutschland nur geduldet. Klar, wenn ich Tiere behandele, egal ob mit Globuli oder mit Tierarzneimitteln, muss ich kundig sein. Eine Lungenentzündung beim Kalb fordert sicherlich den Tierarzt, gerade wenn Antibiotika zum Einsatz kommen müssen.

Durch die Fortbildungen ist in den letzten Jahren eine Whatsappgruppe (früher nannte man das Arbeitskreis) für Homöopathie entstanden. Aus dieser Gemeinschaft kam im Frühjahr der Gedanke, doch einmal einen Tag nur für diese geschlossene Gruppe am LBZ Echem anzubieten. Angela Lamminger-Reith, unsere Dozentin, fand die Idee auch gut und die Termin- und Themensuche begann. Auf Wunsch einiger Kursteilnehmer setzte sich die Blutegeltherapie durch, kombiniert mit Eutererkrankungen und Rinder- bzw. Kälbergrippe. Ein ordentliches Programm für einen Tag.

Dieses mal war der Vormittag sehr euterlastig. Unsere letzte Melkzeit ist schon über zwei Jahre her, vermisst habe ich das Melken selten. Trotzdem ist das Thema auch für mich hier und da interessant, da wir doch selber lange gemolken haben und mir die Probleme der anderen nicht fremd sind. Kleines Beispiel gefällig?!

Wenn der Bauer Hans und seine Frau Amanda sich ständig vor den Kühen streiten wegen der immer wieder schlechten Milchpreise, haben die Kühe Stress und sind verstört. Dieses Problem kennen wir auch aus Familien ohne Kühe, da werden die Kinder krank oder der Familienhund wird seltsam bei Streitigkeiten zwischen den Eltern.  Die Folge bei den Kühen ist, daß der Druck sich ein Ventil sucht. Dieses Ventil ist oft das Euter. Es kommt zu erhöhten Zellzahlen oder sogar zu Euterentzündungen. Da wären wir dann auch schon mit unseren Blutegeln passend unterwegs, denn die können bei Euterentzündungen eine große Hilfe sein und Schwellungen oder Einblutungen im Euter lindern oder minimieren.

Nach dem Mittagessen ging`s dann im Stall weiter, um Grundkenntnisse in der Blutegeltherapie kennenzulernen.

 

 

Aus Hygienegründen und zum Schutz der eigenen Kleidung gab`s  für alle Teilnehmer einen schicken Overall und Schuhüberzieher. Auf dem Bild könnt ihr einen Teil unserer Whatsappgruppe sehen. Dieses Mal waren inkl. Angela 15 Damen am Start, wobei sich durchaus auch das männliche Geschlecht für Homöopathie und Naturheilverfahren interessiert. Vorne im Bild befindet sich unsere Patientin. Den Namen hab ich leider schon wieder vergessen, sorry! Auf jeden Fall war die Kuh sehr geduldig mit uns. Die Gute konnte zeitweilig nicht ohne menschliche Hilfe aufstehen und hatte zum Zeitpunkt des Lehrgangs noch Druckstellen, die teilweise noch offen waren. Angela hat uns ausführlich erklärt, wie wir mit den Blutegeln umgehen müssen, damit sie "ihren Job" gut machen. Ich versuche mal, ein Video hochzuladen, grrr, mein Talent am Computer ist eher bescheiden...

Beim Einsatz von Blutegeln gibt es einige Punkte zu beachten:

  • Immer mit Handschuhen arbeiten. Den guten Tierchen ist es völlig egal, ob sie sich in der Kuh oder am Finger des Anwenders festbeißen.
  • Blutegel sehen vorne und hinten sehr ähnlich aus. Vorne ist immer der suchende Teil.
  • Bis zum Einsatz der Tiere fühlen sie sich in einem Weckglas (ohne Klammer und Gummiring!!!) mit kaltem Wasser sehr wohl. Ein paar Steine im Wasser geben den Egeln die Möglichkeit, ihre schleimigen Häute abzustreifen. Regelmäßig das Wasser wechseln.
  • Die Blutegel gefühlvoll anfassen und nicht drücken. Durch Druck übergeben sich die Tierchen.
  • Die zu behandelnde Stelle am Rind vorher nicht mit duftenden Seifen etc. waschen. Dann beißen die Egel nicht! Evtl. einige Haare wegrasieren und die Haut des Rindes oberflächlich anritzen. Ein Tropfen Blut lässt die Blutegel viel leichter beißen.
  • Mit der Hand die Blutegel vorsichtig in Richtung "Einsatzgebiet" schieben. Wenn die Egel beißen, öffnet sich das Maul deutlich. Im Anschluss die Blutegel noch etwa eine halbe Minute stützen.
  • Manchmal brauchen die Tierchen Hilfe: Dann die Wunde oder ähnliches mit klarem Wasser beträufeln.
  • Die Arbeitszeit variiert von einigen Minuten bis zu ca. einer halben Stunde.
  • Sind die Blutegel vollgesogen und satt, fallen sie ab. Bitte nicht vorher gewaltsam abreißen! Die Blutegel übergeben sich dann und alle vorher aufgenommenen Stoffe würden sich in die Bisswunde ergießen.
  • Aus hygienischen Gründen müssen die Blutegel nach der Anwendung leider getötet werden. Das Einfrieren ist da sicherlich das Mittel der Wahl.
  • Ein Blutegel ist nach der Verwendung für ein bis zwei Jahre satt. Einmal vollgesogen kann er das Zehnfache seines Körpergewichtes aufnehmen.

Ich habs geschafft: Das Video habe ich während des Lehrganges aufgenommen und darf es mit Genehmigung von Angela Lamminger-Reith hier veröffentlichen. Viel Spaß beim Anschauen!

So ein Tag mit der Gruppe ist immer spannend und lehrreich . Für mich war neben den Blutegeln der Nachmittagsteil sehr interessant, in dem es vor allem um die Kälber- und Rindergrippe ging. Diese ausschließlich homöopatisch zu behandeln, ist etwas für sehr erfahrene Therapeuten, und damit nichts für Einsteiger wie mich. Dennoch kann man sehr gut unterstützend zur tierärztlichen Behandlung tätig werden. Häufig kann bei einem Krankheitseinbruch im Stall nicht auf eine antibiotische Behandlung verzichtet werden, da sich auf die Grippeviren gerne Bakterien "aufsatteln" und Lungenentzündungen usw. hervorrufen. Und wieder gibt es Parallelen zwischen Mensch und Tier: Genauso wie der ein oder andere von uns Antibiotika nicht gut verträgt und z.B. einen flotten Otto bekommt oder sich bei den Damen nach einer Behandlung Pilze an bestimmten Stellen niederlassen, können sich bei Tieren auch Nebenwirkungen zeigen. Propolis steigert die Wirksamkeit des Antibiotikums und hilft dem Darm, intakt zu bleiben. Es wirkt positiv gegen Keime, Pilze und Viren. Kleine Globulis mit großer Wirkung!

Zum Abschluss noch ein paar Anmerkungen: Ich bin froh, in Angela Lamminger-Reith eine so engagierte Tierheilpraktikerin und Dozentin kennengelernt zu haben. Es geht in ihren Fortbildungen nicht nur um Homöopathie, Blutegel oder ähnliches, sondern oft um die Landwirtschaft im Allgemeinen, Tierbeobachtung, Fütterung, Hygiene im Stall und viele andere anlehnende Bereiche. Die Kurse sind lehrreich und gerade im Austausch mit den anderen Teilnehmern bekommt man für den eigenen Betrieb viele Denkanstösse und oft die richtige Portion Lust, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Gertrud (Mittwoch, 03 Juni 2020 16:06)

    Hallo , dieser Kurs fehlt mir noch...und leider ist das Video nicht verfügbar
    LG Gertrud