Ein Jahr mit unseren Bienen

Als wir im Januar 2016 zum ersten Mal den Imkerlehrgang vom Meller Imkerverein besuchten, ahnten wir nicht wirklich, wie viel Arbeit hinter diesem Hobby steckt. Ein Jahr hatten wir im Vorfeld unserer Nachbarin, die gemeinsam mit Ben ein Bienenvolk in unserem Garten betreuen wollte, über die Schulter geschaut. Nach verschiedenen ungünstigen Ereignissen ( Ein abgebrochener Ast hatte eine Beute umgeschmissen und Lothar und ich mussten das Volk wieder aufrichten - Stiche in das lichter gewordene Haupthaar bzw. in die Kopfhaut sind sehr schmerzhaft, sagt mein Mann. Oder wenn die Bienen plötzlich ohne erkennbaren Grund einen Schwarm bilden und als Traube im besten Apfelbaum hängen.) Ein Kurs erschien uns sinnvoll. Gesagt, getan . Lesen in Büchern oder im Netz ist toll, aber das Fachwissen eines langjährigen Imkers ersetzt es ganz sicher nicht! Wie auch immer - seit April 2016 leben neben Rindern, Hühnern, Hund und Katern auch noch Bienen der Rasse Carnica bei uns.

Unser erstes Volk stammt aus Melle, genauer gesagt von den Beeologen des örtlichen Gymnasiums. Auf Anraten der betreuenden Imkerin tauften wir unser Volk: Auf Honighausen fiel die Wahl . Die Beute strichen wir mattgrün mit lösungsmittelfreier Farbe, in meinen Augen sehr schlicht ;-). Die Damen waren fleißig und im Sommer 2016 waren wir stolz wie Bolle, 48kg leckeren Honig geerntet zu haben! Während des Frühsommers hatten wir einige Ableger gemacht. Ableger? Kann man denn Bienen pflücken und einpflanzen!?

Nicht ganz: Ableger sind kleine Völker, die man aus den großen Wirtschaftsvölkern entnimmt. Pro Beute rechnet man zwei Zargen à 11 Rähmchen als Brutraum. Hier stiftet die Königin vom Frühling bis in den Hochsommer täglich bis zu 2000 neue Eier. Ab Mai wird es seeehr eng in den Beuten. Wenn dann noch eine neue Königin im Bienenvolk herangezogen wird,  hat Mutti (die alte Königin) die Nase voll und verlässt ihr angestammtes Volk mit fast allen Flugbienen. Doof! Mutti weg, alle Bienen, die Honig eintragen können, auch weg. Entweder hängen sie im Apfelbaum oder sind ganz fahnenflüchtig. Unter anderem durch die Ablegerbildung kann man diese Schwarmstimmung bremsen.

Wir konnten mit vier Völkern in den Winter gehen und waren total happy, als alle Bienen im neuen Jahr wieder die Arbeit aufnahmen.

Im März, zur Weidenblüte, erfolgte die erste Durchsicht für 2017. Unsere Damen waren alle fit und die Muttis stifteten fröhlich drauf los. Wir setzten die Honigräume auf und warteten ab. Ab April schauten wir regelmäßig in die Kästen, denn auch Bienen können krank werden oder die Königin verschwindet durch menschliche Fehler. So erging es wohl der Chefin von "Biene Maja". Wochenlang konnte ich keine Brut entdecken. Die Bienen aus diesem Volk waren sehr stechwütig und fanden sogar den Weg unter meinen Anzug. Ich kann euch sagen, das war kein Spaß! Mein Gesicht schwoll an, war rot und heiß. Die mitleidigen Blicke beim Einkaufen schwankten zwischen: " So eine ZahnOP hatte ich auch vor fünf Jahren" und "Schrecklich, diese prügelnden Männer". Super! Gott-sei-Dank verschwinden solche Schwellungen nach ein paar Tagen wieder.

Von der Königin fehlte trotzdem jede Spur! Nach fast fünf Wochen ohne Brut dann die Erlösung. Ich entdeckte die ersten Eistifte und war happy.

Trotz des kalten Frühlings konnten wir Ende Mai von mittlerweile fünf Völkern die Honigräume abnehmen und die leckere helle Frühjahrstracht schleudern. Moment, fünf Völker? Wenn man vier überwintert, wo kommt das Fünfte her? Aus dem Birnenbaum in unserer Rinderwiese! Anfang Mai, für einen Schwarm sehr zeitig, sammelte sich eine Bienentraube im oberen Teil des Baumes. Wir reden hier nicht von Buschobst, sondern von einem ausgewachsenen Hochstamm. Auch mit der langen Leiter war nichts zu machen. Ich kam nicht dran. Lothar war auf der Arbeit und konnte mir nicht helfen. In einer abenteuerlichen Aktion mit Trecker und Opa Heinrichs Hilfe konnten wir den Schwarm einfangen. Er kam nicht aus unseren Völkern, machte sich aber gut und steht immer noch bei uns im Garten.

Nach der Frühjahrstracht kam die Sommertracht. Die war leider nicht so ergiebig, schmeckt dafür aber einfach gut, ein bißchen karamelig und würziger als die milde Frühtracht. Nach dem Abschleudern kam das erste Einfüttern. in den Sommermonaten finden die Bienen wenig Futter in der Natur und den Gärten. Da wir den gesammelten Honig entnehmen, müssen wir den Bienen eine Alternative geben: Ambrosiasirup.

 

Das Einfüttern ist relativ einfach: Die Folie, die immer die oberste Zarge bei all unseren Völkern bedeckt, wird zwei bis drei Wabengasen zurückgeschlagen. Dann setzen wir eine Leerzarge oben auf die Beute. In diese Zarge kommt ein Eimer mit ca. fünf Litern Ambrosiasirup. Als Schwimmhilfe für die Bienen kommt eine Handvoll Stroh dazu. Auf den Bildern könnt ihr das gut erkennen. Unsere Girlis stehen total auf die flüssige Zuckerlösung vund tragen alles immer ganz eilig in die Waben. Bei manchen Völkern dauert das ganze nur 24 Stunden!

Nach ein paar Tagen konnte ich dann die erste Varroabehandlung bei unseren Völkern durchführen. Mit dem Schwammtuch und Ameisensäure behandelte ich unsere Völker. Es ist schon seltsam, wenn sich so agile Tiere wie die Bienen nicht gegen alle Feinde wehren können. Die Varroamilbe schwächt die Bienen kontnuierlich und ohne Hilfe der Imker würden viele Völker  vermutlich eingehen. Wir könnten jetzt diskutieren, ob unsere Bienen im Allgemeinen überzüchtet sind und deswegen anfälliger, aber meine bzw. unsere Imkertätigkeit ist noch zu jung, um solche Fragen gerecht zu erläutern oder zu klären.

 

Mittlerweile ist es Ende September 2017. Unsere Bienenhaltung hat so langsam Fahrt aufgenommen und macht uns immer noch großen Spaß. Überwiegend kümmere ich mich um die Damen und je nach Jahreszeit um die Herren. Die Völker in unserem Garten sind fast fertig vorbereitet auf den Winter. Die letzte Varroabehandlung im Herbst ist abgeschlossen, nach dem Wiegen wissen wir, ob genug Futter in den Beuten vorhanden ist oder ob wir noch nachfüttern müssen. Durch die frühe Phaceliaaussaat hier am Hof können die Bienen einen großen Teil ihres Wintervorrats selber eintragen. Fehlen nur noch die Mäusegitter am Einflugloch, damit keine "felligen" Mitbewohner die Beuten als Winterquartier mit Vollpension nutzen. Das wäre vermutlich tödlich für das betroffene Bienenvolk und ekelig für mich, denn Nager gehören definitiv nicht zu meinen Lieblingstieren.

Nach den ersten richtig kalten Tagen mit Frost im Dezember werden unsere Völker noch einmal gegen die Varroamilbe behandelt, diesmal mit Ozalsäure, die vorsichtig auf die in einer Wintertraube sitzenden Bienen geträufelt wird.

Und dann geht es im neuen Jahr von vorne los: Sobald es wärmer wird, stiftet Mutti neue Eier. Die Völker wachsen, sammeln Honig und so weiter... hoffentlich kommen all unsere Völker und Ableger aus 2017 gut ins neue Jahr. Und dann heißt es für Egon, Klausi, Else, Pavarotti und Kratzbürste leckern Honig für uns, euch und sich selber zu produzieren.

Eben fleißig wie die Bienen!

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