Ihr macht jetzt Bio, oder?!

Wir sind anders und das ist genau richtig so!

Bis vor ungefähr zwei Jahren haben wir unseren Betrieb geführt, wie viele andere Nebenerwerbslandwirte auch: Morgens vor der Arbeit füttern, melken, Kühe in die Wiese treiben, dann arbeiten gehen und abends das Ganze noch mal rückwärts mit den Kühen,Kälbern und Bullen. Die Milchpreise schwankten fröhlich durch die Gegend (uns war nicht immer zum Lachen!), wir verkauften relativ regelmäßig abgekalbte Rinder auf dem Zuchtviehmarkt. Acht Stunden Tag, ich kann mich nicht wirklich daran erinnern. Morgens ging es in der Woche um 4.15 Uhr, jedoch um 4.30 Uhr los, am Wochenende haben wir ausgeschlafen bis um 6.00 Uhr oder sogar mal bis um 7.00Uhr! Mittagspause? Nö, Lothar konnte ja schlecht auf der Arbeit ein Nickerchen machen und zuhause kam das auch nicht so oft vor. Bis es Feierabend wurde, vergingen oft mehr als 14 Stunden. So konnte es nicht weitergehen. Also: Fahrplanänderung. Es gab zwei Wege: Wir gehen beide arbeiten und der landwirtschaftliche Betrieb wird anderweitig verpachtet. Oder wir ändern das Konzept und schlagen eine andere Richtung ein!

Wie wir uns entschieden haben, seht ihr ja. Unsere Tiere, der Wald inklusive der Forstwirtschaft und der Hof im Ganzen ist unser Zuhause. Hier leben wir gerne, nur von gerne wird man nicht satt. Uns war es wichtig, die Tierhaltung auf unserem Hof zu modernisieren und tiergerechter zu gestalten. Lothar hat schon lange eine große Affinität zur Strohhaltung, was lag da näher, als unsere Tiere auch überwiegend auf Stroh zu halten? Die Direktvermarktung macht uns Spaß und ist gut in unseren Alltag integrierbar. Hier kommt mal ein kleiner Einblick in unsere Ställe:

 

Im Dreschhaus, das von Beginn an als Rinderstall diente, leben unsere ältesten Rinder in einer Tiefstallhaltung. Wir streuen die Tiere nach Bedarf mit hofeigenem Stroh ein und misten ebenso nach Bedarf ab. Als reine Liege- und Lauffläche stehen den Tieren über 100 qm zur Verfügung. Unser Bayrisches Fleckvieh hat von April bis November die Möglichkeit, tagsüber nach draussen in die anliegende Wiese zu gehen. Gefüttert werden die Rinder im Stall mit Heu/Grassilo und Maissilage. Das Futter erzeugen wir selber auf unseren Flächen. Zusätzlich teilen sich über zwanzig Tiere pro Fütterung einen 10l Eimer mit Kraftfutter, quasi als Bonbon oder Schokostückchen obendrauf.

Der alte Jungviehstall, der mit Vollspaltenboden versehen ist, wird noch in diesem Jahr renoviert. Die früher gängige Buchten- und Anbindehaltung ersetzen wir durch Großgruppenhaltung mit Weidegang in der anliegenden Wiese.

Zur Zeit setzen wir unseren alten Kälberstall wieder in Stand und schaffen so einen luftigen und hellen Stall für unsere halbstarken Rinder (unsere Teenies ;-) ). Die meisten Arbeiten leisten wir bei diesem Projekt selber, genauso wie beim Kälberstall auf der Diele.

 

Unser neuer Kälberstall wurde im Winter 2015/16 fertig. Zweimal jährlich ziehen hier um die 20 Kälber im Alter von drei bis sieben Wochen ein. Der Stall ist hell, durch die hohen Decken unserer Diele ist die Luft gut und die Kälber liegen und laufen im Stroh. Wir füttern die Tiere per Hand mit Tränkeeimern, in denen sich hochwertige Kälbermilch befindet. Zusätzlich bekommen die kleinen Fleckis Kälbermüsli, das von einem regionalen Erzeuger produziert wird. Heu fressen die Damen natürlich auch.

Insgesamt bleiben die Tiere ungefähr 2,5 Jahre auf unserem Betrieb.

Seit knapp zwei Jahren bilde ich mich weiter im Bereich Homöopathie für Rinder, die Lehrgänge finden in Echem, bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, statt. Bevor jetzt die Ersten losprusten und "So ein Quatsch" bölken, vielleicht erstmal weiterlesen. Um homöopathisch arbeiten zu können, muss man seine Tiere genau beobachten und einschätzen können. Jedes homöopatische Mittel hat einen eigenen Wirkungskreis. Wildwest drauflos behandeln kommt nicht in Frage. Man kann die Mittel sehr gut begleitend zu einer tierärztlichen Behandlung einsetzen. Jeder kennt es von eigenen Antibiotikaeinnahmen: Hinterher streikt der Darm oder nervige Pilzerkrankungen folgen nach der Anwendung. Als Mensch greift man dann oft zu Darmaufbaupräparaten. Tieren geht es da oft nicht anders, und hier kann man häufig gut pflanzlich oder homoöpatisch helfen.

Dennoch würden wir nicht auf die gute fachliche Arbeit unserer Tierärzte verzichten wollen, denn ohne eine fundierte Diagnose kann man oft einem Tier nicht helfen.

In den Fortbildungen habe ich gelernt, Rinder und Kälber aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Ein Arbeitskreis aus konventionell und ökologisch wirtschaftenden Landwirten, der aus den Weiterbildungen in Echem hervor gegangen ist, bietet oft eine tolle Hilfe im Alltag. Andere haben auch Ideen und Fachwissen, von dem wir sehr profitieren.

 

Seit 2016 bewirtschaften außerdem unsere eigenen Bienenvölker und verkaufen den gewonnenen Honig. Lothar und ich haben im vergangenen Jahr einen Imkerlehrgang beim Imkerverein Melle besucht, um mit einem guten Grundwissen in die Bienenhaltung zu starten. Im kommenden Winter entsteht auf unserem Hof ein Schleuderraum für die Honigernte mit angeschlossenem Lagerraum.

 

Mastrinder mit Weidegang, die Begeisterung für Homöopathie und die Nutzung von Altgebäuden spricht für viele eine eindeutige Sprache: Die sind bio! Nö, sind wir nicht. Wir betreiben eine moderne Landwirtschaft auf einem alten Hof und lassen uns gerne von innovativen Ideen inspirieren. Wir bewirtschaften unseren Betrieb gerne und freuen uns, wenn es unseren Tieren, egal ob Rind, Biene oder Huhn gut geht. Landwirtschaft ist so vielfältig wie kaum etwas anderes. Fast jede Produktionsart hat ihre Berechtigung, solange es den Tieren und Mitarbeitern dabei gut geht. Wir haben uns für eine Bewirtschaftung zwischen konventioneller und  biologischer Ausrichtung entschieden und fühlen uns damit wohl.

 

Und wer weiß, welche Ideen sich noch realisieren lassen!

Seit gespannt, wir sind es auch!

Unser Hof tritt nicht auf der Stelle, ist nicht alternativ oder veraltet. Wir sind kreativ und engagiert. Vor ein paar Wochen hat mir ein älterer Herr aus unserem Ort gesagt, daß es hier in Haaren keine richtigen Bauernhöfe mit Kühen usw. mehr geben würde. Das ist falsch! Auch ohne Milchkühe sind und bleiben wir Landwirte und Bauern, mit Begeisterung für unsere Arbeit und unsere Tiere.

Zum Schluss noch ein paar Impressionen aus unserem Hofleben. Und wie schon zu Beginn gesagt: "Wir sind anders!"

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